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Visionen sterbender Laptops - oder: die Zukunft des experimentellen Films

Harald Wiltsche/reMI, 2004

Im Jahr 1895 führten die Brüder Lumière den ersten Film in einem Café in Paris auf. Seit dieser Zeit hat sich einiges geändert. Von Anfang an drängte sich die Dynamik und die zumindest potentielle temporale Vielschichtigkeit als die bestechendste Neuerung des Films auf. Doch gerade hier meinen wir in den letzten Jahren die größte Stagnation wahrzunehmen. Filme (und Videos) sind noch immer zumeist statische, unbewegliche und monumenthafte Artefakte, deren inhärente Langeweile spätestens nach dem zehnten Festival offensichtlich wird. Das trifft auch fast ausnahmslos auf den Bereich zu, der sich 'Experiment' oder 'Abstraktion' auf seine Fahnen heftet. Wir bewegen uns noch immer in Bahnen des statischen Films, was in einer Zeit der zweiten Ordnung fast ein wenig lächerlich wirkt. Die Zukunft muss deshalb im generativen Film/Video liegen, in einer programmierten Einmaligkeit, die auch das Publikum aus einer immerzu gesättigten Erwartungshaltung reißt. Stellen wir uns eine Arbeit vor, die als programmierter Patch nur ein einziges Mal auf nur einem Laptop existiert, dessen Batterie zwangsläufig auf ihren Nullpunkt zusteuert. Wenn die Energie versiegt, stirbt der Laptop als ästhetischer Träger und das Kunstwerk mit ihm. Würde das allein nicht schon einen anderen Bezug zwischen RezipientIn und Werk bewirken? Das Wissen um eine einmalige Aura, die nicht mit nach Hause genommen werden kann und die von vornherein nicht Gefahr läuft, in verstaubten Archiven zu verschimmeln? Und wäre das nicht die logische Fortsetzung: der generative, sich aufgrund seiner Programmierung ständig selbst manipulierende Film, der sich zudem irgendwann einfach abdreht? Die technischen Werkzeuge sind jedenfalls vorhanden, ob sie nun PD, GEM oder PdP heißen.