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reMI

von Christian Scheib

Geometrie und Schrift sind die mittelbaren Medien der Wissenden. Das Unmittelbare von Bildern konstituiert im Gegensatz dazu eine Sprache der (beinahe) Voraussetzungslosigkeit. Von zB Giotto in Padua zu zB Spielberg in Hollywood reicht eine Traditionslinie der Unmittelbarkeit respektive des Pop, die in der Rezeption nicht auf Materialität und Herstellungsart rekurriert, sondern auf Symbolkraft und Übertragungsleistungen. Das andere Ende der Skala ließe sich von zB frühmittelalterlicher Grisaille oder islamischer Geometrie zu zB James Turrells Farb- oder Lanschaftsabstraktionen verfolgen und vedankt seine Art der Unmittelbarkeit eben nicht dem Spiel mit den Abbildern der Welt, sondern dem Spiel mit der Abwesenheit, mit dem Entzug des (vermeintlich) realen Wirklichkeitsbildes und seiner Ersetzung durch geometrische (De)Konstruktion.
Die Videomusikarbeiten des Duos reMI - Renate Oblak, Visuelles, und Michael Pinter, Akustisches - besetzen in der Terminologie der eben geschilderten Perspektive die paradoxe Position eines Pop für Wissende. Damit sind sie nicht allein, im Gegenteil, es ist nachgerade konstituiv für die Musik und Videoszene der letzten Jahre, diese Nischen zu entwickeln und zu besetzen. Einzigartig aber ist die Radikalität, mit der reMI die Materialhaftigkeit, die gedanklich konstruktive Ausgangsposition verbinden mit der Direktheit der Wirkung und der Erzeugung von ikonenhafter Symbolkaft. Permanent den abgebrochenen Zeilsprüngen gescheiterter Rechenleistungen und dem dennoch darin noch enthaltenen Restrealen - Codes aus Zahlenkolonnen oder wie zufällige Fundworte - ausgeliefert zu sein, läßt genau diese Symbiose wiederum zu Symbolhaftem werden.


Das Entziehen der realen Bilder und Zurverfügungstellen der geometrischen Dekonstruktion ermöglicht bei reMI paradoxerweise die Übertragungsleistung der Produktion eigener Ikonen - die Mittelbarkeit der Wissenden die Unmittelbarkeit des Realen. Die rasende Zeilensprungeometrie der Videobilder Renate Oblaks und die rabiaten Tonfragmentationen der Musik Michael Pinters verweigern die Abbildung (oder Verfremdung) der ohnedies sichtbaren Welt, sie konfrontieren uns stattdessen mit einer eigenen, intensiven, künstlichen, technoid wirkenden Welt, deren Ursprung aber das lustvolle Scheitern ist. Technisch gesehen haben Bild und Musik ihren Ursprung in Bildern, in den Unregelmäßigkeiten und Fehlern der während der Arbeit an diesen Bildern an den Rand des Scheiterns gebrachten Maschinen, sowie der Umwandlung dieses gewonnenen Ausgangsmaterials in das letztlich Sicht- und Hörbare. Darin hat dieses entscheidende Zusammenspiel von Wissen und Unmittelbarkeit seinen Grund, diese Gleichzeitigkeit von Bilderverbot und Übertragungsleistung.