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In einem zweiten
Schritt führt das zu Fragen nach den Verhältnissen von Kunst zu Realität, zu Fragen nach
der Formulierung von (vorgeblich) Nichtkategorisiertem oder Formlosen, Verschwiegenem oder
zu Verschweigendem. Vermittels Tönen oder Bildern einen "Wirklichkeitsbeweis für das
Abgebildete antreten zu wollen" wäre die Gegenposition zu jenen, "die das Bild zur
Differenzierung der Wirklichkeitsebenen" (Bazon Brock) einsetzen wollen. Während Brock
die (byzantinisch) ikonoklastische Überzeugung, Abbild und Abgebildetes seien mittels
der Materialität des Bildes wesensgleich, als letztlich bilderverehrend analysiert, wird
Kunst, die eine (mosaisch) abbildungsfreie Haltung zur Grundlage hat, von Lyotard als eine
"jenseits der Repräsentation" bewundert. |
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Drittens und
nicht zuletzt ist der heutige künstlerische wie technologische Stand der Dinge Anlaß zu
diesbezüglichen Untersuchungen. Provozieren digitale Aufzeichnungs- und Speichertechniken
und mediale Präsenz eine Vervielfältigung der Wirklichkeit, des Abgebildeten, oder eine
Vervielfältigung der Abbilder jenseits oder anstatt einer Realität? Zu welchen
Haltungen/Ergebnissen führt das Beachten eines "Abbildungsverbotes" in diesem Kontext?
Was widerfährt dem traditionellen Topos der Instrumentalmusik, nämlich angeblich
gegenstandslos zu sein? Was ist Zeichen und Bezeichnetes in aktueller experimenteller,
komponierter, elektronischer Musik? Wie wirkt welche der diversen Bilderverbotstraditionen?
Welche Ziele haben heutige künstlerische Strategien bezüglich des Umgangs mit der
Wirkmächtigkeit von optischen Bildern und akustischen Gesten, akustischen Bildern und
optischen Gesten? Gibt es andererseits Wirklichkeiten, deren Wahrnehmung nur durch jene
künstlerischen Strategien zugänglich ist, die sich der Wirkmächtigkeit des "Abildungsverbotes"
bewußt sind? |
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Sowohl
künstlerisch wie theoretisch, als internationaler Festival-Programmteil mit
audio/visuellen Experimenten und Aufführungen einerseits, als Buchpublikation mit aktuellen
Beiträgen andererseits thematisiert das Musikprotokoll 2000 das "Bilderverbot" als
oppositionelle, so radikale wie behutsame Perspektive innerhalb der Kunst ebenso wie als
Perspektive auf die Kunst. |