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"Zerrspiegel. Über UTA ZET"

© Thomas Ballhausen 2000

Der neue Film von reMI erweist sich als Reiseführer in scheinbar unbekannte Räume. Neue Orte die sich auftun, Türen die bisher verschlossen, oder unangetastet waren, werden nun aufgestoßen. Erzählende Strukturen, formelhafte Textpassagen lassen ein Zusteuern auf politische Begriffe zu. Aber hier soll keine simple Aufladung betrieben werden, sondern ein Eingreifen in laufende Diskurse über Neuerungen. Grenzverwischungen in Bild und Ton, schwappen über in den Ort des Geschehens. In den uns so neu scheinenden Räumen finden sich frische Spuren, dort werden bereits Konflikte ausgetragen, notwendige Auseinandersetzungen um grundlegende Fragestellungen der neuen Avantgarde im Kunstfilm.
Lohnend ist hier vor allem die Konzentration auf die Frage nach dem Raum: dem Ort der Repräsentation, also auch einem politischen Raum. Da befindet sich einerseits die Immobilität statischer Machtstrukturen, der eine Bewegung entgegengesetzt wird: im Kopf, im Film. Dieses Generieren erzeugt ein Spannungsfeld in dem die notwendigen Konflikte zwar vorprogrammiert sind, aber eben auch ausgetragen werden. Wenn man sich der Immobilität verschreibt, auch und vor allem im Kopf, ist das Erschaffen - um den polyvalenten Begriff der Produktion zu umgehen - von Kunst unmöglich. Die immobile Kunst der Epigonen, die sich auf den Schultern der Riesen wähnen, sich dabei mehr Weitblick herausnehmen, verharren im banalen stumpfen Rezitativ des eigenen Werkes. In der vermessenen Annahme ohne Austausch bestehen zu können, ohne Neuverhandlung mit der Realität, und dabei auch noch in der Gewißheit eine letztgültige Wahrheit entdeckt zu haben, kann nur die Leere bleiben: die Banalität kennt keine Geheimnisse, kann auch keine enthalten.
Anders eben reMI, die Geheimnisse enthalten und aufzeigen, dabei aber immer einen Schritt voraus sind. Darin liegt auch die Notwendigkeit der Intensität ihrer Werke begründet: ein Programm der Verweigerung gegen den Artaud´schen Begriff der Kraft, zumindest im herkömmlichen Sinn. Eben keine Unterordnung unter eine Grausamkeit oder ein Grauen, sondern eine Kompromißlosigkeit in der Vorgehensweise der Geste. Diese Gesten fungieren hier als Erklärungsmodelle, als Kräfte des Erzählens der Hinweise. Innerhalb des umstrittenen Raumes werden somit zwei Wirkungen erzeugt: Verweigerung von Repräsentation und bürgerlicher Selbstbestätigungsphantasie und avantgardistische Subversionsbewegung; beides in einem Ausmaß wie sie etwa der klassische Erzählfilm kaum leisten kann.
Diese neuen Räume, in die wir hier nun Einblicke gewährt bekommen, sie tragen bereits die Spuren von reMI, und dies ganz zu recht. Im Zerrspiegel können wir nun den verborgenen Raum erkennen, der immer schon da gewesen schien; doch es brauchte reMI, um uns darauf aufmerksam zu machen - um uns erkennen zu lassen - welch (mehr oder minder) freundlichen Täuschungen wir bisher erlegen sind.